Freitag, 19. April 2024

ARCHITEKTUR: Verarbeitungstechnik bei dieser Kunstform, wie die Glasmalerei - sind auf bauphysikalische Regeln zu achten

Alarmzeichen: nicht materialgerechte Verarbeitungstechniken bei der Gestaltung von Glaskunst-Inszenierungen - verkürzen ihre Lebensdauer oder erfordern im Glasbruch-Schadenfall bisweilen kostenintensive Wartungsarbeiten... die Service-Freundlichkeit ist in solchen Fällen nicht mehr garantiert!

aktualisiert per 19.04.2024

Schlittert das Verständnis für das Kunsthandwerk des Glasmalers auf Abwegen?

Eigentlich sollten sich neue verarbeitungstechnische Errungenschaften für aktuell zu inszenierenden Glasmalerei-Projekten, zwischen der 1000jährigen Tradition und einer in der Gegenwart, jedoch nur vermeintlich weiterentwickelten Umsetzungsart in Balance halten. Das hiesse z.B. ein solches Experiment zu hinterfragen. Insbesondere, was sich mit einer materialgerechten Realisierung vereinigen lässt oder was weniger, - sonst verfängt man sich oft orientierungslos auf Abwegen und Beliebigkeiten, die einer Dekadenz zumal nur förderlich sein würde.  

 

Glas als Werkstoff ist und verbleibt stets einem Bruchrisiko ausgesetzt. Die derzeit in Mode gekommenen Farbglas-Gestaltungen, welche komplett auf eine Bleiprofil-Netzführung (Unterteilung mittels eingefasster Einzel-Glasteile) innerhalb einer Komposition verzichten, schuldet dieses verarbeitungstechnische Verfahren immer noch folgende Fragen zu beantworten: farbige Glasteile bloss auf eine Floatglas-Fläche zu adaptieren (mittels Laminat-Schmelzverfahren oder durch ein Aufkleben), da fehlt doch der Nachweis einer langjährigen Praxis-Studie, wie die zu erwartende Nachhaltigkeit, betr. wirtschaftlicher Ausrichtung (Wartung /Reinigung) zu beziffern bliebe. - Zum Beispiel sind kaum relevante Erkenntnisse oder Erfahrungen über allfällig schadhafte Einwirkungen vorhanden, welche durch die Sonnen-UV-Einstrahlung und Erhitzung bei solch über die Jahre ausgesetzten Glasflächen im Bau zu erwarten sind. Unverhofft baustatische Probleme hätten ebenso Einfluss, dass bei Fensteröffnungen nur geringste Verschiebungen ausreichen, um bei einer grösseren Glasfläche eine Rissbildung zu erzeugen. - Neuere nicht ganz durchdachte, verarbeitungstechnische Verfahren, lassen auch die Frage offen, ob sich der/die Glasgestalter:in ohne wissentliche Absicht, mit einem diesbezüglichen Projekt bereits im Voraus an den Zerfallserscheinungen dieser Kunstform aktiv mit beteiligen möchte?  

 

Was bei diesem Umsetzungsverfahren bei möglichen Glasbruch-Ereignissen nicht thematisiert wird, ist die Tatsache, dass sich jeweils nur ein örtlich bedingter Reparatur-Eingriff nicht mehr, wie vergleichsweise bei einer Glas-Blei-Komposition umsetzen liesse. Es bedingte demnach, dass jeweils die ganze Float-Verglasung mit der ganzen adaptierten Farbfenster-Gestaltung in einer bestehenden Fenster-/Türöffnung ausgebaut werden müsste. Ist die Float-Verglasung zu ersetzen, sollten vorerst alle adaptierten Farbglasteile aufwendig von dieser schadhaften Glasfläche entfernt werden (nicht bei jedem Adaptions-Verfahren wird eine solche Möglichkeit bestehen). Unter dem Strich müsste demnach die ganze Gestaltungs-Arbeit ersetzt oder wieder gestalterisch aktiviert werden. Dabei bliebe eine Garantie ausgeschlossen, dass ein vollumfänglich gleichwertiger Gestaltungsersatz mit entsprechend gleich eingefärbten Ersatzgläsern zu verwirklichen wäre. Die ursprüngliche Originalität einer vormals bestehenden Farbfenster-Gestaltung bleibe ernsthaft infrage zu stellen. – Zudem wirken Farbfenster-Gestaltungen – ohne Einsatz einer bewusst gestalteten Bleiprofil-Führung - in der Architektur zu sehr aufgesetzt und bisweilen sehr befremdlich, weil eben das Verbindende zur Architektur – das charakteristisch zu berücksichtigende Liniennetz komplett fehlt. Farbfenster-Gestaltungen in der Architektur - ohne Bleiprofil-Führung wirken eben absolut «haltlos.»  

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Glasmaler-Blog über Aktivitäten im Atelier Martin Halter Bern

Ein weiteres Detail - was es zu beachten gilt:

Wartungsarbeiten, wie die Reinigung solch Farbfenster-Präsentationen in Kirchen, lassen jeweils z.B. die Ungewissheit zu, dass die, mit Silikon aufgefüllten Zwischen-räume (bei den Glasschnitt-Teilen) – infolge wiederkehrenden Schmutzabla-gerungen (Russ durch das Abbrennen von Kerzen oder Heizung) – nach ein paar Jahren, nicht mehr vollständig von Schmutzablagerungen zu reinigen sind. Was sich bei solch verarbeiteten Farbfenstern, bei ihrer visuellen Repräsentation eher negativ für das zukünftige Erscheinungsbild erwarten lässt.

 

Unregelmässig verlaufende Distanzen bei den Glaszuschnitten, welche mit Silikon aufgefüllt sind, hätten zuweilen die Eigenschaft, dass sich dort minimale Risse bilden. Solche werden teilweise die wiederkehrenden Schmutzablagerungen «verinnerlichen», was bisweilen den Reinigungsprozess zusätzlich erschweren kann. 

Dieses aktuelle Beispiel widerspiegelt die eigentliche Problematik:

...so wurden in der Kirche von CH-6170 Schüpfheim neue Farbfenster-Collagen eingesetzt Nov./Dez. 2022. Gestützt auf den hier aufgeführten Sachverhalt, hatte die zuständige Kant. Denkmalpflege reagiert...

Eine Stellungnahme der Kant. Denkmalpflege Kt. Luzern, vom 23.02.2023: es handelt sich hier, nicht um die denkmalgeschützte Pfarrkirche St. Johannes und Paul, sondern um die 1913 erbaute ref. Kirche, die etwas südlicher gelegen ist. Sie ist im Kant. Bauinventar als "erhaltenswert" eingestuft. Erhaltenswert heisst, dass im Kanton Luzern die Zuständigkeit dieser Kulturdenkmäler der jeweiligen Gmeinde obliegt. Entsprechend wurde die Kant. Denkmalpflege LU über diese neuen Farbfenster auch nicht informiert. Auf die Nachfrage hin: es wurden keine historischen Fenster ausgetauscht. Diese Farbfenster-Collagen sind als separate Glasflächen in einem Rahmen rauminnenseitig vor die (ebenfalls nicht hist. Fenster prov. montiert worden, sodass diese jederzeit wieder entfernt werden können. Bei dieser Stellungnahme wurde von der Kant. Denkmalpflege Luzern, zudem meine Bedenken übereinstimmend bestätigt (integrierte Glas-Collagen im Bau).



Für die Umsetzung dieser Farbfenster, wurde ein verarbeitungstechnisches Verfahren ausgewählt (farbiger Zuschnitt auf Floatglas fixiert - Laminat-Verfahren /mit Silikonnkleber adaptiert) - mit der Anmerkung: Nachteile bei Reparatur- Ausführung.

Publikations-Nachweis: Übersicht: diverse künstlerische Verarbeitungstechniken im Bereich der Glaskunst /https://docplayer.org/18302643-Exempla-2012-glas-werkstoff-des-handwerks-zwischen-tradition-und-innovation-sonderschau-der-64-internationalen-handwerksmesse-muenchen.html

 

Nachhaltig konzipierte Glaskunst-Inszenierungen weisen mehrere Vorteile auf - im Gegensatz zu einer beliebig inszenierten Darstellung, welche eine materialgerechte Verbindlichkeit bewusst ausgrenzen möchte...
Mundgeblasenes, farbiges Antikglas beinhaltet eine belebende Struktur, welche eine erwünschte Refraktion des durchscheinenden Lichtes erzeugt. Glasdesign mit Farben im Licht ist deshalb nicht einer statischen Kunstform zu zuordnen. Das heisst auch, dieses spezielle Glas reagiert jeweils auf die äusseren Witterungs-Bedingungen, welche den Lichteinfall durch die farbige Glasfläche mit beeinflussen. Die ursprüngliche Glasmalerei bedient sich für die formale Gestaltung, unterstützend auch mit dem Einsatz von Bleiprofil-Ruten. Einerseits können unterschiedlich eingefärbte Einzel-Glasteile zu einer ganzflächigen Komposition zusammengefügt werden (später verlötet werden), andererseits übernimmt eine bewusst rhythmische Bleinetzführung, ein massgebendes und wichtiges Gestaltungsprinzip. Von je her sollte die Glas-Blei-Einteilung nicht einzig seiner Zweckgebundenheit dienen. Oft wird dies falsch verstanden. Die bewusst einzusetzende Bleinetzführung soll auch dem formalen Anspruch nachkommen, um der entsprechenden Komposition ein rhythmisches Spiel mit den unterschiedlichsten Grössen und Flächen zu ermöglichen. Insofern kann eine Glas-Blei-Einteilung einen passend integralen Formenschatz in Bezug auf das bereits bestehende Raumbehältnis aktiv generieren, um sich als Bestandteil architektonischer Kreation, nachhaltig und verantwortungsbewusster in Szene bringen zu können. 
 
Aktuell werden solche Gesetzmässigkeiten jahrzehntelanger Erkenntnisse und Erfahrung mit dieser Kunstform vermehrt ausgegrenzt, um sich vermeintlich in uneingeschränkter Manier und möglichst beliebig mit dieser Materie auseinandersetzen zu können. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, wenn parallel dazu die eigentlich materialgerechten Aktivitäten in Vergessenheit geraten.
  
Das heisst konkret, mittels transparenter Silikon-Mischung werden all die zugeschnittenen, farbigen Einzel-Glasteile auf eine Float-Glasfläche aufgeklebt. Die geringen Zwischenräume werden bei den einzelnen Glasteile ebenso auf die Schnittkanten-Höhen aufgefüllt. Bekannt ist, dass der Ausdehnungskoeffizient der Einzel-Glasteile (je nach Einfärbung) und je nach Sonneneinstrahlung (Erwärmung), auch unterschiedlich gegenüber der Gesamt-Float-Glasfläche nachzuweisen ist. Deshalb sind kleine Rissbildungen bei der aufgetragenen Silikonmasse zu erwarten, die sich im Laufe der Jahre, wo diese wiederkehrend einem solchen Prozess jeweils ausgesetzt verbleiben, vermehren werden. Die Silikon-Substanz selbst, wird sich nach mehreren Jahren, durch die UV-Einstrahlung vermehrt von gelblich bis hin zu bräunlich verfärben. Langzeitstudien stehen kaum zur Verfügung und die Herstellerfirmen von Silikonprodukten können keine schriftlichen Garantien ausstellen, weil die jeweilige Ausführung und Anwendung durch Dritte individuell, zuweilen beliebig umgesetzt würde. Eine Nachhaltigkeit für dieses verarbeitungstechnische Verfahren ist also nicht zu erwarten. Insbesondere auch im Schadenfall eines Glasbruchs an der Gesamt-Float-Glasfläche. Mit grossem Aufwand müssten erstmals alle Einzel-Glasteile von der Gesamt-Glasfläche entfernt und anschliessend aufwendig von Silikonablagerungen gesäubert werden. Alsdann alle Glasteile  wiederum auf der neuen Float-Glasfläche mit Silikon fixiert werden. 

Derweil sind solche Arbeiten meistens nur ausschliesslich in Verbindung mit einem unverhältnismässig hohen Aufwand und Risiko wieder instand zu stellen. Bisweilen werden solch überdimensionierte Glasflächen aus Kostengründen gar nicht mehr einer Reparatur unterzogen, insbesondere grossflächig ausgerichtete, farbige Glascollagen, welche auf Floatgläsern in unterschiedlichem Klebeverfahren adaptiert wurden. Durch die zunehmende Einflussnahme von UV-Licht, auf bereits unzulänglich umgesetzte Glascollagen, werden sich solche Arbeiten bereits nach einer relativ kurzen Präsenz-Zeit von alleine als darstellende Kunstform im Bau «verabschieden» - mangels verarbeitungstechnischer Materialunverträglichkeit. Weitere Probleme sind ebenso bei örtlichen Wartungsarbeiten (z.B. banale wiederkehrend auszuübende Reinigungsarbeiten, welche bei diesem Werkstoff zur optimalen Visualisierung, jeweils zwingend in regelmässigen Abständen erforderlich bleiben) vorprogrammiert. Unsere Glasmaler-Vorfahren waren eigentlich unserer Zeit - punkto Respektierung einer materialgerechten Verarbeitungstechnik – weit voraus. Weil ebenso die Service-Freundlichkeit (für Reinigung /Reparatur) respektiert und selbstverständlich mit eingeschlossen war /ist.  Martin Halter Bern

Das Drei-Generationen-Glasmaler-Atelier HALTER ist seit Oktober 2023 im SIKART Lexikon dokumentiert /registriert (SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz ist ein Lexikon des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft zur historischen und zeitgenössischen Kunst in der Schweiz).

 direkten Kontakt                                                                                                  weitere Informationen: Martin Halter in Bern                                                     Haupt-Webseite  Atelier für Glasmalkunst Bern

Weitere Atelier-Arbeiten

 


 

                                                                                                                                                                     

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